Warum ich keine Goldfische mag

Warum ich keine Goldfische mag

Es hilft nicht um den heißen Brei herumzureden: Ich gehöre zu den Vätern, die ihren Kindern jeden Wunsch erfüllen. Das mag fatal sein, aber was bitte schön soll ich machen? Meine Tochter versteht es einfach, mich um ihre kleinen Finger zu wickeln. Doch als sie sich vor kurzem einen Goldfisch wünschte, war Schluss. Wieso? Ich hole mir doch kein Haustier in Haus, das eine höhere Aufmerksamkeitsspanne hat als ich!

Dass dem so ist, zeigen zumindest Studien. Ihnen zufolge nimmt die menschliche Fähigkeit, sich zu konzentrieren, rapide ab. Betrug unsere durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne im Jahr 2000 noch zwölf Sekunden, liegt sie heute bei lediglich acht Sekunden und damit unter der eines Goldfischs. Er kann sich immerhin geschätzte neun Sekunden voll auf eine Sache fokussieren.¹

Ein Grund für unsere schwindende Konzentrationsfähigkeit ist das Informationsvolumen, dem wir täglich ausgesetzt sind und das sich seit Beginn des Internets vervielfacht hat. Bereits 2011 entsprach es – bedingt durch Internet, 24-Stunden-TV und Mobiltelefone – knapp 200 Zeitungen pro Tag.²

Connected Shopper sind nicht nur informationshungrig, anspruchsvoll und ungeduldig. Sie sind auch reizüberflutet, abgelenkt, entscheidungsschwach und illoyal.

Die zunehmende Fragmentierung unserer Aufmerksamkeit wird natürlich durch die Art und Weise, wie die digitalen Medien mit uns kommunizieren, massiv verstärkt. Sie sind gigantische Ablenkungsmaschinen, die unsere Konzentration permanent durch neue Reize immer wieder stören. Doch geschehen diese Ablenkungen nicht gegen unseren Willen, wie Nicolas Carr feststellt: „We want to be interrupted, because each interruption brings us a valuable piece of information. To turn off these alerts is to risk feeling out of touch, or even socially isolated.“³ Wir wollen also abgelenkt werden, weil wir Angst haben etwas Wichtiges und Neues zu verpassen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Wie wirkt sich das auf die Shopper aus, die „always on“ sind?

Durch Internet und Smartphone haben sich ihre Optionen, sich inspirieren zu lassen, Produkte zu recherchieren, Preise zu vergleichen und letztendlich einzukaufen, vervielfacht. Connected Shopper sind emanzipiert, informationshungrig, anspruchsvoll und ungeduldig. Doch es gibt auch eine dunkle Seite an ihnen. Dieselben digitalen Medien führen dazu, dass sie reizüberflutet, abgelenkt, entscheidungsschwach und illoyal sind.

Das stellt das Shopper Marketing vor eine doppelte Herausforderung. In der ungeheueren Flut von Informationen muss es erst einmal die Aufmerksamkeit der Shopper gewinnen und sie dann über den gesamten „path of purchase“ hinweg aufrechterhalten. Keine leichte Aufgabe, da die Shopper Journey längst kein linearer Prozess mehr ist. Sie ist vielmehr in eine Vielzahl von Touchpoints zerfallen, die nur noch lose miteinander verbunden sind.

Hier kommt Shopper Experience Design zum Einsatz. Es identifiziert und antizipiert relevante Touchpoints und stellt sicher, dass die Shopper am richtigen Ort und im richtigen Moment ihrer Shopper Journey durch begeisternde Kundenerlebnisse an die Marke gebunden und zum nächsten Touchpoint geführt werden.

 


 

Quellennachweis:

¹ Microsoft, Attention spans, 2015.
² Richard Alleyne: Welcome to the information age – 174 newspapers a day, auf: www.telegraph.co.uk, 11. Februar 2011.
³ Nicolas Carr, The Shallows. What the Internet is Doing to Our Brains, 2010.

Wolf Thiem